(mt) Neben dem Celler Reformhaus Ende schließt in zartem Welfengelb das Haus Rundestraße 3 an, das eng mit Wathlingens Geschichte verbunden ist.
Der große Ahnherr der Wathlinger Adelsfamilie von Lüneburg Herzog August von Braunschweig-Lüneburg und Bischof von Ratzeburg (1568-1636) hatte sich 1610/11 mit seinen Brüdern vertraglich auf einen Losentscheid geeinigt, wer das Herzogtum zukünftig regieren solle und – so der zweite Teil der Abmachung – nur der Gewinner durfte eine standesgemäße Ehe eingehen.
Unser Ahnherr zog eine Niete. Es hätte für ihn schlimmer kommen können, denn schon vor 1600 war er der attraktiven Ilse Schmiedichen, Tochter des Amtmanns in Fallersleben, begegnet. Beide verliebten sich ineinander und heirateten. Aber auch wieder nicht so richtig, denn es war eine „Verbindung zur linken Hand“, weil Ilse aus einem „nicht ebenbürtigen“ Stand kam. Es mag seltsam klingen, aber solch eheähnliche Gemeinschaften waren damals beileibe kein Skandal. Der Standesunterschied tat der Liebe und dem sich bald einstellenden Kindersegen keinen Abbruch. Seit 1600 wurde alle paar Jahre ein Kind geboren, insgesamt 12. Herzog August versteckte weder seine Ehefrau noch seine Kinder. Weil er sich meist in Celle aufhielt, kaufte er 1609 in der Rundestraße ein repräsentatives städtisches Giebelhaus. Als die Familie immer größer wurde, erwarb er zehn Jahre später auch das Nachbarhaus und baute beide Häuser für die Familie zu einem repräsentativen barocken Stadtpalais aus.
Herzog August sicherte mit Weitsicht den zukünftigen Lebensunterhalt und gesellschaftlichen Stand seiner Kinder. 1624 erwarb er den Junkernhof Uetze an der Fuhse. Ein Jahr später erreichte er vom Kaiser, dass seine Frau und seine Kinder in den Adelsstand erhoben wurden. Seitdem führten sie den Namen „von Lüneburg“ und bekamen ein eigenes Familienwappen. 1634 erweiterte er zur materiellen Absicherung der Familie seinen Besitz durch das benachbarte Lehngut Wathlingen mit der alten Dagefördeschen Wasserburg am Ortsausgang nach Eicklingen.
1674 trennte sich der jüngste Sohn Friedrich, der nach dem frühen Pesttod seiner Brüder die Familie fortsetzte, von dem Haus in der Rundestraße, weil es von der Familie nicht mehr genutzt wurde. Gut 100 Jahre später zog übrigens Celles berühmtester Bauer Albrecht Thaer, der Begründer der wissenschaftlichen Landwirtschaft, hier ein.